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[EKH an Sohn Emil am 5.10.1942]

Lieber Sohn!

Soeben kam dein Paket hier am 5.10.42 an. Es ist wohl wider Erwarten zu lange unterwegs gewesen. In seinem Innern hatte sich in der Zeit allerhand getan. Das hatten aber nur die Birnen in Schuld.[sic.] Sie waren zu einer klebrigen, breiigen Masse aufgelöst. Die Feuchtigkeit hatte, wie du siehst, das Briefpapier durchzogen. Das Hölderlinbuch, den Soldatenatlas und die Streichhölzer und die Rechenhefte stark beschmutzt und beschädigt. Ich habe alles sofort an der Luft getrocknet, sodaß, abgesehen von den Briefumschlägen, die ganz hin sind, alles noch benutzt werden kann. Die Äpfel waren alle noch sehr gut, wohl unterwegs sehr reif geworden. Ich werde sie sogleich an Ruth weiterschicken. Ein Päckchen mit 2 Pfd. Birnen haben wir am Donnerstag [1.10.42, wh] hingeschickt. Mutter brachte sie für Ruth von Künzel mit. [Nach dem Krieg (ab ca. 1947) bin ich noch bei Künzel einkaufen gewesen. Damals war man wohl mit seinem Lebensmittelladen 'verheiratet'. wh] Zum Verwahren eignen sie sich nicht. Deine Bücher und Papiere bringen wir nach oben, desgleichen Wäsche und Tasche [?]. Ein kleiner Film war auch dabei.

Vielen Dank für das Geburtstagsoel. Heute Abend werden wir unsere Bratkartoffeln damit machen. Übrigens die Tasche, hat wirklich russische Gestalt und Form. Zum Einholen für Ruth wohl etwas zu massig. Denn sie hat schon eine sehr schöne Einholtasche. Aber für Kartoffeln und Gemüse etc. wird sie gut zu verwenden sein.

L. Emil! Sonst ist nicht viel Neues zu melden. Martha [Oskars Frau, wh] war zu meinem Geburtstag [Mi. 30.9.42, 69J. wh] bei uns mit Peter und Wölfchen. Sie brachten mir eine Blume im Topf. Sehr lieb und freundl. Unsere Martha schickte mir einen sehr, sehr schönen kl. Kuchen, der wundervoll an den Frieden erinnerte. Außerdem ein paar Pulswärmer.

Irene hat mir einen Roman, ein Buch von 680 Seiten, „Land u. Licht“ v. Paust [(von Otto Paust) entziffert von George, 16.6.15]. Es ist ein Tendenzroman, der mir wenig liegt, aber er kündet von treuer Liebe meiner Irene. Klärchen hat ihren Bernhard zu meinen Gunsten schwer beraubt und mir die letzten 3/4 ltr Cognak geschenkt, die sie hatte. auch Günter schickte mir einen herzlichen Glückwunsch.

Lieber Emil! Was Günter angeht, dessen Anschrift Du gern haben wolltest, so will ich Dir und seinen Geschwistern bald Aufschluß geben. Es geht ihm z.Zt. nicht gut. Gedulde Dich noch kurze Zeit. Behalte dies bitte für Dich.

Nun will ich schließen, einige andere Briefe muß ich noch schreiben. Wir hörten [Rippentrop, ?], Goebells, den Führer, Rommel und Göring u.a.

[Randbeschriftung:]
Wo wir stehen, sowie die Reihenfolge wissen wir nun. Gott sei mit Dir!
Viele herzliche Grüße
Dein Vater, Deine Mutter

Lieber Emil! Die Photografien von Eichwalde habe ich erhalten. V.

Lieber Emil! Ruth hat diese Tage geschrieben, sie käme nicht mehr wieder vor Ende Oktober. Ihre Mutter hätte Geburtstag [*29.11.1883, wh], sie sollte solange dableiben. Ihre Mutter brächte sie dann wieder nach Hause.
Es grüßt Mutter


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