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[EKH an Sohn Emil]

Lankwitz 25.9.42

Mein lieber Sohn!

Dein Konto hast Du ja zu Gunsten meiners Geburtstages stark belastet so daß Mutter schon meint, das sei zu viel. Nun ich sehe heute diesen so überaus nahrhaften und wohlschmeckenden ..ende meinen lieben ältesten Sohn der sich von Zeit zu Zeit seinen alten Vater etwas kosten läßt und - Du darft dessen gewiß sein, Du hast mir aber auch Mutter eine Freude gemacht -. Die Gans, die Marion von einer Frau Huhn abholte, war noch gut, aber sie hatte schon das Aroma, daß dem Jäger anzeigt, daß es Zeit ist daß der Hase in die Pfanne kommt. Mutter hat sie auch gleich abgekocht und danach in die Pfanne getan. Noch eine Station hätte die Gans nicht ausgehalten.

Deine Frau und Dein Sohn haben wie du weißt, sagen wir heimischere und bekömmlichere Gefilde aufgesucht. Zeitungen, Briefe etc. werden nachgesandt. Gestern kamen 335 Mk Beihilfe vom Arbeitsdienst an. Ich werde sie Ruth aufheben oder ich frage bei ihr an, ob ich das Geld auf Euer Konto einzahlen soll.-

In der Familienchronik wäre nichts wesentliches, das ich berichten möchte nachzutragen. Von mir selbst sei gesagt, daß ich mich wunderbar erholt habe, so daß ich wiedereinmal bestätigt finde, was ich in meinem Leben wohl 1 Dzt Mal erfahren habe: Wenn die Not am größten ist Gottes Hilfe am nächsten. Die Atemnot ist weg. Ich kann wandern und arbeiten als ob ich 10 Jahre jünger wäre.

Lieber Emil, Oskar, dem ich zweimal schrieb, schweigt sich seit Wochen aus. Erinnere ihn daran, daß ich auf ein paar Zeilen von ihm sehr warte. Oskars Frau und Kinder werde in in der nächsten Zeit mal aufsuchen. Klärchen und ihren Kindern geht es soweit gut. Nur ihre Gesundheit und ihre Wirtschaft gefällt mir nicht recht. Bei beiden wünschte ich ihr und den Kindern mehr Gediegenheit. Von Familie Sack ist nichts von Bedeutung zu berichten. Die kl. Heike ist, wie Martha schrieb, an Ruhr erkrankt. Hoffentlich ist sie inzwischen wieder wohlauf.

Blicken wir auf das große Weltgeschehen, so müssen wir als Deutsche dankbar der großen Taten unserer Männer zu Wasser, Lande und in der Luft gedenken. Gewiß es ist eine harte Zeit 4, 5 vielleicht 6 oder 7 Jahre im blutigen Ringen zu stehen, statt, daheim am friedlichen Weinbau des Erdballs mit zu arbeiten. Aber hier steht ja vor uns das große "Entweder-Oder" -. Hätten wir uns nicht gewehrt bis heute, die "Bestie" hätte uns längst die Mühe friedliche Aufbauarbeit zu leisten, abgenommen.

Hellmut ist in Berlin im Lazaret. Er hatte ein ekliches Furunkel am Knie. Es ist schon besser. - Er holt nach, was er - nach seiner Ansicht - in Afrika versäumte. An ihm sehe ich wieder, wie bescheiden der Mensch ist in seinen Ansprüchen bei dem was er "Leben" nennt. Denn "Frauen, Tanz" etc sind noch lange kein - Leben.

Lieber Emil! Mutter dankt Dir auch jetzt schon sehr für das Oel. Vielleicht kann sie Ruth dafür öfter ein wenig behilflich sein, was ja auch ohnehin stehts geschehen würde. -

Bleibt gesund und froh. Laß mal wieder von Dir hören. Anschließend schnell ein paar Zeilen nach Landsberg.

In stets gleichbleibender Liebe
Dein Vater.


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