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1.2.1940 - Seite 4

Du wirst dich wundern, nach Gedichten, die die letzten Pfaffen salbadern ließen, wie Nietzsche sagt, einen kleinen artigen Herrgott bei mir zu sehen. Aber, wie deine Artikelschreiberin sagt: Dem Skorpion ist kein Ding unmöglich. Wir finden einen Weg oder machen einen. Und schließlich ist der Gott den oben Nietzsche meint, nicht mit meinen Gedanken und Vorstellungen darüber identisch. Beiliegend noch die Urschrift des Gedichtes „Wünsch dir was“. Mit der Zusammenstellung meiner buddhistischen Gedichte bin ich Weihnachten nicht fertig geworden. Aber das kommt noch und ich glaube, daß sie ?nimmerlang? sein wird. Wenn du den Artikel „Skorpion“ noch brauchst, schreibe mir's, sonst lass ich ihn hier. Er ist sehr interessant. Auch das kleine Gedicht ist ausgezeichnet. Dir hat Berlin nicht so wie früher gefallen. Ich kann darüber weniger urteilen, da ich nach so langer Abwesenheit sehr viel zu Hause zu tun hatte und dann mich mit „ihr“ in Kinos, Lokalen usw. herumtrieb. Zweimal war ich in der R.-Ltg. [?Reichsleitung, WH], wo ja alles wie sonst ist. Mit Z. konnte ich aber nur 5 Minuten sprechen, da bei ihm Andrang herrschte. Ich glaube, man war stellenweise überrascht „dat hei noch lewet“. Die Kohlenfrage in Berlin war aber schlecht gelöst. Nun, lieber Hans, darf ich noch etwas philosophisch werden. Da ich ja viel Zeit habe, habe ich Lin Yu Tang schon aus. Was ich daraus entnehme und was mir besonders auffiel, werde ich kurz zitieren. Das Ergebnis könnte in die beiden Briefstellen von dir zusammengefaßt werden. „Was ist Wirklichkeit?“ (Eigentlich die ewige Pilatusfrage) Und die Antwort: „Aufwärts zur Einfachheit“. Einfachheit war von Anfang an meine Forderung. „Das Zepter des Diogenes“ steht in meinen wichtigsten Büchern.


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