Auszug:
2 Seiten aus einem 9-seitigen Beitrag des 405 seitigen Jubiläumsbandes zum zehnjährigen Bestehen der
DNVP:
(Im Original gesperrt gedruckte Passagen sind hier fett wiedergegeben) - [Kernsatz]

Mehr Willen zur Tat

Von Geheimrat Dr. Hugenberg, M. d. R.

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Den deutsche Bauern totsteuern, heißt das deutsche Volk totsteuern. Vom Standpunkte der hauptsächlichsten Hilfstruppen unserer ausländischen Gegner gesehen, vom Standpunkt des Marxismus, des Sozialismus, ist beides gleichbedeutend: den deutschen Bauern aus seinem Eigentum vertreiben und das Eigentum überhaupt erschüttern, ihm die wichtigste Grundlage nehmen. Die anderen Berufe folgen dann ohne weiteres nach, und mit den Zielen unserer auswärtigen Feinde ist zugleich das Ziel dieses größten inneren Feindes, der Zerstörungssieg des Marxismus, erreicht.

Wie retten wir uns vor dieser Entwicklung? Ich kann nur das Eine sagen: Niemand darf glauben, daß wir bereits gerettet sind! Niemand darf glauben, daß wir gerettet sind deshalb, weil die Deutschnationale Volkspartei mit in die Regierung eingetreten ist. Sie ist damit nicht ein allmächtiger Faktor dieses Rades der Regierung geworden. Sie kann immer nur als einer unter mehreren mitarbeiten in der Richtung, in der wir unter uns hier vollkommen einig sind. Aber es bedarf einer starken, einer gewaltigen Kraft im Volke, um sie vorwärts zu treiben, daß sie die anderen mit sich hinwegreißen kann. Weg mit der Zurückhaltung, die unsere Landwirtschaft in den letzten Jahren bewiesen hat! Sie soll aus sich herausgehen. Sie soll es machen, wie der alte Bund der Landwirte es getan hat, als er gegründet wurde, von dem man bekanntlich sagte, er hätte der deutschen Landwirtschaft das Schreien beigebracht. Das gilt nicht nur für die Landwirtschaft, das gilt auch für die anderen Zweige unserer Wirtschaft. Auch diese dürfen sich nichts gefallen lassen. Sie müssen ihre Meinung sagen. Sie müssen ihre Forderungen geltend machen. Ich bin weit entfernt davon, etwa hier zu Dingen aufzufordern, die nicht gesetzmäßig wären. Wenn ich das täte, so bin ich ganz sicher, daß mir alsbald in der gegnerischen Presse würde vorgeworfen werden, daß ich aufträte als der Apostel der Gewalttätigkeit. Ich lehne etwas derartiges selbstverständlich ab. Unbeschadet dieser Stellung möchte ich aber an eine interessante Erscheinung erinnern, die sich vollzogen hat. Es sind einmal die Winzer des Moselgebietes zu ihrem Finanzamte gezogen, verbrannten dort die Akten und schlugen die Fensterscheiben ein. Ich billige das nicht. Aber ich konstatiere, daß heute keine Weinsteuer mehr vorhanden ist, und daß die Getränkesteuer in den Gemeinden mit Ausnahme des Bieres (wegen Bayern) abgeschafft ist. Ich möchte also der ganzen Wirtschaft zurufen: Rühren Sie sich, schreien Sie, machen Sie Ihre Interessen geltend! Das ist das einzige, womit Sie in der Lage sind, uns, die Leute, die im Reichstag sitzen, und Ihre Partei, die Deutschnationale Volkspartei, über die Hindernisse hinwegzutreiben, die bergehoch vor Ihnen stehen. Das sollte die ganze Wirtschaft tun. Wir wollen nicht innerhalb der Wirtschaft einen Krieg aller gegen alle führen, sondern wir wollen gemeinsam einen Appell an die Vernünftigen des deutschen Volkes richten.

Geheimrat Dr. Hugenberg, M. d. R. Es ist eine Irreführung, es ist eine Unwahrheit, es ist eine Lüge, wenn behauptet wird, daß die Deutschnationale Volkspartei, aber insbesondere auch die "deutsche Wirtschaft" darauf aus sei, Lage und Stellung und Rechte des deutschen Arbeiters innerhalb der deutschen Wirtschaft verkümmern. Das liegt uns fern. Im Gegenteil, wir wissen schon wegen der Bedeutung unseres inneren Marktes sehr gut, was es bedeutet, wenn die Arbeitskraft unseres deutschen Arbeiters, das kostbarste Gut, das wir in Deutschland haben, erhalten und gepflegt wird. Wir verbitten uns, in dieser Beziehung die Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit unseres guten Willens zu bezweifeln. Aber wir sind uns auf der anderen Seite vollkommen darüber klar, daß der Sozialismus weite Schichten der deutschen Arbeiterschaft auf falsche Wege und in falsche Vorstellungen hineingeführt hat, und diese falschen Wege müssen berichtigt werden. Wir können sie nicht weiter gehen. Wir können nicht Sozialpolitik in der Weise treiben, daß wir immer neue tote Lasten aufhäufen, von denen der Arbeiter selbst nichts hat, daß wir immer neue große Organisationen gründen, deren Apparat einen ganz großen Teil der Unkosten verschlingt, mit denen die Wirtschaft belastet wird. Wir müssen herunter von diesem falschen Wege, und, das will ich ganz offen als meine Überzeugung bekennen: Um herunterzukommen von diesem falschen Wege, müssen wir auch die Art, wie der politische Wille in Deutschland sich bildet, ändern. Wir können mit einer solchen Verfassung des parlamentarischen Unsinns, wie wir sie heute in Deutschland haben, unsere Wirtschaft niemals in Ordnung bringen. Alle, ob Landwirtschaft, ob Industrie, ob Handwerk oder Handel, müssen sich darüber klar sein: Es hilft nichts, sich immer von neuem wieder zu ärgern über all die Einzelheiten, in denen sich diese falsche Willensbildung im deutschen Volke ausdrückt. Man muß an den Kern des Übels heran, er muß geändert werden, und ich möchte wünschen, daß es der Deutschnationalen Volkspartei, die seit jeher solche Gesichtspunkte betont hat, bald vergönnt sein möge, auf diesem Gebiete das Größte, was überhaupt für die deutsche Wirtschaft - das heißt: für das deutsche Volk einschließlich des Arbeiters - geleistet werden kann, für sie zu leisten. Aber sie kann es nur, wenn die deutsche Wirtschaft hinter ihr steht, wenn nicht die deutsche Wirtschaft es immer ist, die sagt, wo immer ein Gebiet, das in die Verfassungsfragen hineinreicht, angefaßt wird, wo immer man daran etwas ändern will: Das kommt später. Wir haben augenblicklich nur unsere wirtschaftlichen Sorgen." Dieser Standpunkt entsprießt aus einer falschen Beurteilung der politischen Ursachen unserer wirtschaftlichen Not. Nicht die Symptome bekämpfen, heißt es, sondern den Kern der Krankheit anfassen, und nicht die Wirtschaft zersplittern! Eine solche Zersplitterungsbewegung bewirken die Wirtschaftspartei und ähnliche Bewegungen. Auch hier möchte ich allen zurufen: Machen Sie die stärkste Partei noch stärker. Machen Sie diese Partei trotziger, als sie bisher gewesen ist! Flößen Sie ihr mehr Kraft, mehr Energie, mehr Willen ein! Wenn Sie sie nach der entgegengesetzten Richtung zerren, können Sie nie Ihr großes Ziel erreichen. Der Block des Sozialismus muß endlich hinweggeschoben werden. Da liegt auch für die deutsche Wirtschaft einer der Kerne des Übels. Sorgen Sie dafür, daß wir in Preußen andere politische Verhältnisse bekommen, dann bekommen Sie auch bessere Verhältnisse in der deutschen Wirtschaft.
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(Quelle: "Der Nationale Wille", Hrsg. Dr. Max Weiß, 1928, Wilhelm Andermann Verlag, Berlin)


Erstellt am 31.03.00 - Letzte Änderung am 31.03.2000.
Winfried Hartwig
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