(Aus Tägliche Rundschau, Berlin, 16. April 1931)
Evangelisch-soziale Arbeiterbildung
Das Leben des modernen Menschen wird in starkem Maße durch seinen Beruf bestimmt. Bis in das politische Leben hinein sehen wir eine immer stärkere Betonung berufsständischer Besonderheit sich durchsetzen. An dieser Tatsache kann auch die Volksbildungsarbeit nicht vorübergehen. Sie darf allerdings nicht vor der heutigen Überspannung der beruflichen Sonderinteressen kapitulieren, sondern muß sie für ihren höheren Zweck auswerten. Das hat die Evangelisch-Soziale Schule in Spandau von jeher in ihren Arbeiterkursen getan, indem sie aus den besonderen Verhältnissen des Arbeiterberufsleben den Weg sucht zum Verständnis eines christlich-sozialen, volklichen und wirtschaftlichen Gemeinschaftslebens.
In der ersten Woche des Lehrganges werden die religiösen und volkswirtschaftlichen Grundfragen behandelt (Wirtschaftsgeschichte, die sozialistischen Wirtschaftslehren, Kirchengeschichte, Christentum und Volkstum, Christentum und Wirtschaft u. a.), die zweite Woche dient der Einführung in die Geschichte und Struktur der deutschen Arbeiterbewegung unter besonderer Berücksichtigung evangelischer Gesichtspunkte und Interessen (die wirtschaftsfriedliche Bewegung, die Landarbeiterbewegung, Geschichte der evangelischen Arbeiterbewegung und der christlichen Gewerkschaften u. a.). Die dritte Woche ist der Staatsbürgerkunde und Sozialpolitik gewidmet (Geschichte der deutschen Sozialpolitik, die Betriebsräte, die Verfassung der deutschen Kommunen, die Arbeitsbewegung als Kulturträger, das Verfahren vor den Arbeitsgerichten u. a.). In der vierten Woche werden sonstige Fragen des öffentlichen Lebens behandelt und die Hauptstoffe wiederholt (Handel, Gewerbe und Landwirtschaft, der Arbeiter als Konsument, Konjunkturforschung, das Bank- und Börsenwesen, Selbstbildung des Arbeiterführers u. a). |
(Quelle: privat)