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[22.7.1946 Brief von einer Frau Schmidt an Ruth]

Delmenhorst, den 22. 7. 46

Liebe Frau Hartwig!

Sie werden sicher sehr überrascht sein von mir Post zu erhalten, aber meine Schwiegermutter erteilte mir Ihre Anschrift, und machte mich über Ihre Mitteilung aufmerksam, daß Sie Verschiedenes über Herrn Hübners Tod, zwecks seiner Angehörigen, die nicht glauben können, Auskunft haben wollen. Sie wissen ja selbst, das man ohne amtlichen und schriftlichen Beweisen das dem Angehörigen schwer zu verstehen geben kann.

Es ist ja auch keine angenehme Angelegenheit, aber wir wissen es, das es tatsächlich soweit ist. Welchen Tag und Stunde kann ich nicht mehr behaupten die Herr Hübner verstorben ist, denn dazu war die Zeit viel zu aufregend. Wie und wo Herr Hübner beerdigt worden ist, wollten Sie nun wissen. Das es keine Särge mehr gegeben hat wissen Sie ja auch. Herr Hübner ist [in] einem Leinentuch zur letzten Ruhe gebettet worden.

Diese Beerdigungen waren noch zu der Zeit von Herrn Pfarrer Wegner geleitet worden. Er muß in irgend einer der Massengräber gelandet sein. Sie hatten mich damals gebeten irgend ein Zeichen auf den Friedhof das er später einmal zu finden ist, mitzugeben, aber bei diesen drunter u. drüber was in Landsberg war ist es nicht möglich gewesen, denn eh ich mich versah, war Hübner von den Leichenträgern abgeholt worden.

Ich weiß nicht ob Sie sich von allen noch einen Begriff machen können, denn wir, die diese schlimme Zeit durchlebten, wissen was wir durch machen mussten. Herr Hübner bekam zu allerletzt zu seinen Leiden die Gesichtsrose (Erysiphel), [Herpes zoster ophthalmicus, wh] daran er auch starb. Diese tägliche hohe Temperatur bei seinem geschwächten und entkräfteten Körper hielt seine Natur nicht mehr aus, und alle medizinischen Hilfsmittel fehlten uns. Die letzten Tage vor seinem Tode lag Herr Hübner nicht mehr auf meiner Station, ich besuchte ihn wohl auch noch des öfteren, im stillen hoffte ich immer selbst, das er dieses überstehen soll. Er war ein leicht zufrieden stellender Patient. Sein Wunsch war seine Familie und überhaupt seine kleine Tochter wovon er viel erzählte, wieder zu sehen. Wir alle konnten ihn auch gut leiden, das wissen sie, und auch Familie Büttner. Ich war selbst sehr traurig als ich von seinem Tode erfuhr. Auf den Friedhof bin ich nicht mehr in Landsberg gekommen. Erst fehlte es an Zeit und es war ja auch zu gefährlich. Bald darauf legte ich mich auch an Typhus nieder wonach ich noch lange zu tun hatte. -

So meine liebe Frau Hartwig ich hoffe das meine Zeilen aufschlußreich sind und Sie, Herrn Hübners Angehörigen weitere Auskunft erteilen können.

Wie geht es Ihnen nach allen Leiden? Ich würde mich sehr [freuen] einmal auch von Ihnen persönlich mal etwas zu hören. Wie geht es Familie Büttner? Ich muß so oft an Sie alle zurück denken. Alles Schwere was wir erlebten, läßt sich nicht einfach so beiseite schieben. Grüßen Sie auch bitte Familie Büttner von mir und seien Sie und auch Ihre Familie auf das herzlichste gegrüßt von Ihrer

Ursula Schmidt


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