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Mathilde Sturm b/. Herrn Kapellmeister [Wöhlbinder?], Wilhelmshaven, Peterstr. 81


Wilhelmshaven, den 2.1.1903

Mein lieber Bruder!

Endlich bekommst Du auch von Deiner Schwester Mathilde mal wieder ein Lebenszeichen. Zu allererst wünsche ich Dir ein recht glückliches neues Jahr, möge es Dir alles gute bringen, dies wünsche ich Dir von Herzen. Also nun ist Deine Schwester weit von euch entfernst, jetzt braucht ihr euch wenigstens nicht mehr über mich zu ärgern, und ich ebenfalls nicht, ich habe euch ja manchmal Anlaß dazu gegeben, aber [wär waren?] wohl die [Haupturheber?], bei der ganzen Sache, aber ich bin froh, daß ich dem jetz allem aus dem Wege bin, ich habe ja auch schwer dafür büßen müssen, indem mich alle gern auf dem Rücken sehen, denn wie deutlich habe ich das gemerkt, wie ich mit meinem Karl abgereißt bin, hierher, da war nicht einer, der wohl gesagt hätte, blieb doch hier, aber es war grade als wenn alle gedacht hätten, es ist gut daß Sie weg ist, nun ich hab es ja nicht anders gekannt von klein auf, der einzige der mir oft zur Seite gestanden hatt, daß warst Du, deshalb hatt Dich auch mein Karl so gerne, Du mußt nicht denken, wenn ich nicht schreibe, wir hätten Dein vergessen, o nein wir haben oft von Dir gesprochen, und mein Karl er ist ja mein höchstes Glück auf dieser Welt, wie gut er für mich ist das sehe ich jetz erst ein, denn er weiß ja garnicht was er mir alles anthun soll. Aber nun lieber Bruder am 17. Januar fährt mein Karl ab, nach Süd Afrika, Du kannst Dir denken, wie hart mir das ankommt, 1 1/2 Jahr bleibt er aus, doch die Zeit wird auch noch umgehen, deshalb muß ich mich da drin schicken. Möchte Dich nun bitten, niemand meinen Brief lesen zu lassen, niemand denn die sind ja nur für Dich bestimmt. [Malchen?] hatte an Karl geschrieben, ich hatte Fritz gesagt, ich wollte Ihm 10 M schicken, daß werde ich auch thuen, aber daß [Malchen?] meinen Karl geschrieben, wußten ja auch meine Adresse nicht, er soll mich daran errinnern, so abgeschmackt hätte ich denn doch nicht gethan, vor meinen Karl daß zu zeigen, wie nöthig Sie es haben, nein das hätte ich [Malchen] nicht zugetraut, hätte Sie meinen Karl um meine Adresse gebeten, um mir das zu schreiben, würde ich ihr das nicht verdacht haben, aber so, [na?] da thun Sie denn, als hing Ihnen der Himmel voller Geigen, na wir wollen sehen, wer am besten ankommt, wenn mein Liebling gesund und munter zurück kommt, und das wolle der liebe Gott geben, dann sollst Du mal sehen, dann mein lieber Bruder werden auch für Dich wohl noch schönre Tage kommen.

Also niemand hiervon gesagt, hörst Du, braucht keiner zu wissen, das ich dir alles mittheile, brauchen auch nicht zu wissen, wie es mir geht hier in der Fremde. Aber eine sehr schöne [Stelle?] habe ich, bin vollständich allein blos mein Herr sonst ist niemand da, alles andre später.

Ich schreibe dir Sonntag eine Karte, du kannst es dann wohl so einrichten, daß du Dienstag oder Mittwoch frei bekommst, denn Karl kommt dann nach [Wörden?] um seine Sachen zu richten, es würde mich freuen, wenn du dann mal zu ihm gingst, also biß Dienstag morgen hast Du eine Karte da.

Karl hat nähmlich gar keine Zeit, er fährt hier abends ab, um morgens dort zu sein, [dann? anderen? morgen? ?] kommt er schon wieder nach hier.

So Gott will komme ich diesen Sommer auf einige Wochen nach dort, wenn mein Herr verreißt über ein viertel Jahre dann habe ich Zeit genug.

Schreibe aber recht bald wieder. Deine Schw. Mathilde

Herzlichen Gruß und Kuß sendet Dir deine Schwester Mathilde.

meine Adresse bei Herrn Musik[?] [Wöhlbinder?] Wilhelmshaven, Peterstr. 81